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Möbel

Im Langhaus
Abb.1 So könnte es in einem Langhaus ausgesehen haben.

Während die Gebäudetypen, die wir auf den vorangegangenen Seiten vorgestellt haben, archäologisch durch die gefundenen Pfostenlöcher sehr gut rekonstruierbar sind, sind die beweglichen Einrichtungen, zu denen auch die Möbel und Haushaltsgeräte gehören, schwer erfassbar. In den Häusern hinterließen diese keinerlei Spuren. Bildliche Darstellungen von häuslichen Einrichtungsgegenständen sind uns nur aus späteren Zeiten bekannt. Vereinzelte Überreste von Möbeln gibt es jedoch wieder in einigen früheren Grablegen und zeigen auf, dass die Kunst des Möbelbaus bereits ab dem 5. Jahrhundert hoch entwickelt war.

Im Normalfall ist Holz nur durch Verfärbungen im Boden oder durch Beschläge nachzuweisen. Optimale Erhaltungsbedingungen finden wir jedoch in den Gräberfeldern von Oberflacht und Trossingen (beides Krs. Tuttlingen), Lauchheim (Krs. Heidenheim), Neudingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) und Leihgestern bei Gießen, dem Knabengrab unter dem Kölner Dom sowie dem "Sängergrab" von Köln, St. Severin vor. Hier sind Holzobjekte aufgrund hervorragender konservierender Verhältnisse in größerem Umfang erhalten geblieben. Dieses wird als ein herausragender Glücksfall angesehen. Datiert sind diese Funde überwiegend in das 6./7. Jahrhundert.

Aber auch für den norddeutschen Raum gibt es ein einzigartiges Gräberfeld. Ein ungewöhnliches Fundensemble aus Holz ist in den tieferen Schichten der Marsch in der Dorfwurt Fallward (Land Wursten, Ldkrs. Cuxhaven) erhalten geblieben. Es handelt sich hierbei um altsächsische Bestattungen aus dem 4./5. Jahrhundert.

Besonders zu beachten ist hier das Grab eines Mädchens, an dessen Sarg an einer Seite ein kleiner Holztisch und an der anderen Seite neben einigen Holzgefäßen auch ein Hocker gelehnt waren. Das bedeutendste Grab an der Fallward dürfte jedoch ein Bootsgrab sein, in dem neben einem ähnlichen Tisch wie in dem Mädchengrab auch ein Fußschemel, diverse Gefäße aus Holz sowie der berühmte "Thron aus der Marsch" gefunden worden sind.

Holzfunde aus der friesischen Wurt Elisenhof lassen auf die Verwendung von Hockern, Hängewiegen sowie Decken-Hängegestellen für unterschiedliche Aufbewahrungsmöglichkeiten schließen.

Auch wenn sich dieses natürlich alles sehr reichhaltig und schlüssig anhört, so können wir für unsere dargestellte Zeit und Region keinerlei Möbelfunde nachweisen. Wir sind wieder einmal ausschließlich auf Interpretationen angewiesen. Um uns eine Vorstellung davon zu liefern, wie eine mögliche Einrichtung auf einer altsächsischen Hofanlage um 700 n. Chr. ausgesehen haben könnte, müssen wir uns von der heutigen Denkweise komplett trennen. Hohe Tische, bequeme Stühle sowie eine Kücheneinrichtung können wir hier ausschließen. Das bäuerliche Leben und Arbeiten wird sehr viel mehr bodennah stattgefunden haben, so wie wir das heute noch in stark ländlich geprägten ursprünglichen Kulturen erfahren können. Nach diesen Überlegungen können wir davon ausgehen, dass es kleine Schemel, Bänke und Hocker gegeben hat. Truhen, Kästchen sowie Hängeregale an den Decken dienten einer mäusesicheren Aufbewahrung. So genannte Kistenbetten gab es nur für reiche und höher gestellten Personen. Hohe Tische, wie wir sie heute kennen gab es vermutlich nicht. Die niedrigen Tische aus der Fallward weisen ebenfalls auf ein bodennahes Leben hin.

Literatur- und Quellenangabe:
Aufleger, Michaela - Holzarbeiten und Holzbearbeitung in "Die Franken-Wegbereiter Europas", Band 2, 1996
Brendle M.A., Tobias - Truhe, Tisch und Bettgestell, Möbel im frühen Mittelalter in Bajuwarenhof Kirchheim, Projekt für lebendige Archäologie des Mittelalters, Jahresschrift 2005
Grodde, Barbara - Hölzernes Mobiliar im vor- und frühgeschichtlichen Mittel- und Nordeuropa, 1989
Hauser, Georg - Das fränkische Gräberfeld unter dem Kölner Dom in "Die Franken-Wegbereiter Europas", Band 1, 1996
Krapp, Karin - Die Alamannen, Krieger-Siedler-frühe Christen, 2007
Paulsen, Peter - Die Holzfunde aus den Gräbern bei Oberflacht und ihre kulturhistorische Bedeutung, 1992
Schön, Matthias D. - Feddersen Wierde, Fallward, Flögeln, Archäologie im Museum Burg Bederkesa, Landkreis Cuxhaven, 2008
Szabo, Mattyas; Greander-Nyberg, Gertrud; Myrdal, Janken - Die Holzfunde aus der frühgeschichtlichen Wurt Elisenhof, 1985
Theune- Großkopf, Barbara - Mit Leier und Schwert, 2010

Bildquelle:
Abb.1: Szabo, Mattyas; Greander-Nyberg, Gertrud; Myrdal, Janken - Die Holzfunde aus der frühgeschichtlichen Wurt Elisenhof, 1985, (Tafel 170)
Abb.8: Szabo, Mattyas; Greander-Nyberg, Gertrud; Myrdal, Janken - Die Holzfunde aus der frühgeschichtlichen Wurt Elisenhof, 1985, (Tafel 108)