Bestattungen
Sowohl aus archäologischen, als aus historischen Quellen können wir Kenntnisse über die verschiedenen Bestattungsbräuche der Altsachsen belegen. Diese waren in heidnischer Zeit sehr vielseitig. Es gab Körpergräber (Baumgräber, Kammergräber, Schiffsgräber), Urnengräber, Scheiterhaufengräber und Brandgrubengräber. Welche Art von Bestattung einem Verstorbenen zuteil gekommen ist, lässt sich weder aus der Glaubensvorstellung noch aus der Gesellschaftsordnung ersehen. Bei der Auswahl der Bestattungsform machte es offensichtlich keinen Unterschied, ob die/der Tote arm oder reich, jung oder alt, Mann oder Frau war. Es war also keineswegs so, das Scheiterhaufen oder Urnengräber nur für die ärmere Bevölkerungsschicht gedacht war. Auch die Ausrichtung der Gräber war unterschiedlich. So gab es Gräber, die West-Ost angelegt, und welche, die Süd- Nord ausgerichtet waren. Die Aussage, dass es sich bei OW ausgerichteten Gräbern ausschließlich um christliche Gräber handelt, kann hier nicht bestätigt werden, da diese Ausrichtung auch für einige Brandgräber zutrifft. Weiterhin waren die Grablegungen zum Teil mit recht unterschiedlichen Grabbeigaben ausgestattet.
Betrachten wir uns doch zuerst einmal die Bestattungen der christlichen Sachsen. Es wurden nur noch Körperbestattungen durchgeführt. Diese waren ohne jede Grabbeigabe, da kein irdischer Besitz in den Himmel mitgenommen werden konnte. Auch waren alle im Tode gleichgestellt, so das es keine Statussymbole gab. Die Ausrichtung war OW ausgelegt - mit Blick nach Osten - da aus dieser Richtung der "Tag des jüngsten Gerichts" zu erwarten war.
Mit der "Capitulatio de Partibus Saxoniae constituta sunt" die vom Frankenkönig Karl vermutlich im Jahre 782 auf dem Reichstag in Bad Lippspringe festgelegt wurde, wurden Bestattungen nach heidnischen Bräuchen verboten und mit harten Strafen verfolgt. So hiess es denn im Kapitel 22:
"Wir befehlen, dass die Leichen der christlichen Sachsen zu den Friedhöfen der Kirche gebracht werden sollen und nicht zu den Grabhügeln der Heiden."
Und bereits in Kapitel 7:
"Wenn jemand den Körper eines verstorbenen Mannes nach dem Brauch der Heiden durch Feuer verzehren lässt und seine Gebeine zu Asche macht, werde er mit dem Tode bestraft".
Wie bereits erwähnt, kamen aber auch bei den Heiden schon vor Karl dem Großen Körperbestattungen vor. Leichenverbrennungen waren also nicht allgemein üblich.
Die Christianisierung setzte offensichtlich nur sehr langsam ein. Erkennbar ist dieses an Gräberfeldern, bei denen über OW ausgerichteten Bestattungen erneut SN Gräber und sogar Brandbestattungen zu finden waren. Auch die Sitte der Beigaben fand eine Fortsetzung in der Mitgabe christlicher Symbole wie Scheibenfibeln, Münzen mit Kreuzen und Heiligenbildern und Ansteckkreuzen.
Hier kommen wir nun zurück zu den heidnischen Bestattungen. Die Beigaben waren recht unterschiedlich und sollten den gesellschaftlichen Status oder auch den Berufsstand des Verstorbenen dokumentieren. Auch die Größe eines Scheiterhaufens hatte eine soziale Bedeutung. Der Tote hatte einen Rechtsanspruch darauf! In Männergräbern bestanden die Beigaben aus Waffen, Lederbeutel, Kamm, Pinzette, Ohrlöffelchen, Feuerstahl oder auch Sporen. In Frauengräbern lagen oft Lederbeutel, Kamm, Messer, Perlen (Haar-und Halsschmuck), Knochenanhänger oder Hakenschlüssel. Auch in Kindergräbern wurden solche Beigaben gefunden. Weiterhin waren Ton- und Holzgefässe zu finden, die vermutlich mit Wasser oder Nahrungsmitteln gefüllt waren. Auch die Beigabe von Tieren ist belegt. Hier dokumentieren Pferde einen sehr hohen Stellenwert des Verstorbenen. In solchen Gräbern wurden ausschliesslich junge Hengste gefunden.
Es muss aber auch erwähnt werden, das sich natürlich nicht in jedem heidnischen Grab überhaupt Beigaben befanden. Sehr viele Gräber waren auch beigabenfrei. Im Beispiel des Gräberfeldes Rullstorf sind im übrigen auch Pferdegräber gefunden worden, die sich keinem Menschengrab zuordnen liessen. Solche Gräber werden als "Opfergrab" bezeichnet.
Bildquelle:
Abb.3: Gebers, Wilhelm - Auf dem Weg nach Walhall, 2004 (Abb. 59, Seite 60)