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INDRISTA ERLEBNISWELT im Roemer- und Pelizaeus- Museum Hildesheim

Eröffung der INDRISTA ERLEBNISWELT am 21. September 2024 um 14.00 Uhr

Besuchsbericht von Ulrich Klages

Anfang September bin ich bei Facebook auf das Projekt INDRISTA ERLEBNISWELT aufmerksam geworden, dass von "unserem" Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museum beworben wurde. Allerdings fand ich den Beitrag nicht in den "seriösen" Gruppen, sondern zuerst in einer Mittelalter-Lästergruppe. Was war passiert? Es sollte es um das Thema Frühmittelalter gehen. Auf dem gezeigten Vorschaubild war eine Dame in einem Fantasy Kostüm abgebildet, dass jedoch nicht in ein frühmittelalterliches Bild passt. Ich war erstaunt und neugierig zugleich. Hat sich unser altehrwürdiges Museum tatsächlich einen Fauxpas geleistet? Die Kommentare zu diesem Beitrag waren jedenfalls durchweg niederschmetternd.
Wir wollten uns erstmal selbst ein Bild von der Sache machen. Als Frühmittelalterdarsteller waren wir neugierig auf dieses Projekt.

Die Band war großartig. Musikerin Heike Schuch ist in der Erlebniswelt als Dr. Linda Schwertfeger zu sehen.

Auf der Webseite des Museums heißt es: "Dieses einzigartige Projekt vereint Event, Roman, Musical, modernste digitale GAMING – Technologie und Handwerk, um Besuchern im RPM eine innovative kulturelle Erfahrung zu bieten und in die Zeit des frühen Mittelalters einzutauchen."
Ich konnte mir darunter NICHTS vorstellen. Etwas Hoffnung hatte ich, dass das besagte Kleid mit dieser fiktiven Geschichte zu tun hat, die mit den historischen Fakten verschmelzen sollte. Dann wäre ein Fantasy Kleid ja ok. Die Rede ist aber auch von der Grablege unter dem Hildesheimer Dom, die bei einer Grabung im Jahr 2010 gefunden wurde. Es geht hier um eine junge Frau, die man mit heidnischen Grabbeigaben um 800 n.Chr. bestattete. Diese Frau trägt plötzlich den Namen Hildja (an Hildesheim angelehnt) und ist die Tochter von Herzog Widukind.
Die Verwirrung war perfekt! Aber auch die Neugier wurde größer. Was würde uns dort erwarten? Die INDRISTA ERLEBNISWELT startet offiziell am 22. September. Bis dahin musste ich mich also noch in Geduld üben.

Wie es der Zufall so wollte, bekam ich zwischenzeitlich eine Nachricht von Frau Dr. Lara Weiss, Geschäftsführende Direktorin des RPM Hildesheim, mit der Information, dass die Eröffnungsveranstaltung am 21. September sei. Wenn wir möchten, dann dürften wir uns sehr gern dazu anmelden. Natürlich mochten wir!

Autorenlesung im Foyer des Museums.

Wir sind pünktlich im Museum eingetroffen und ließen uns im Foyer auf Plätzen in der zweiten Reihe nieder. Vorn rechts waren noch einige Techniker dabei, die Musikanlage zu checken. Ein Rednerpult und ein Tisch mit einer von diesen grünen Büroleuchten stand direkt vor uns. Neben Reden wird es wohl auch eine Vorlesung aus dem dazugehörigen Roman "INDRISTA – Vermächtnis des Amuletts" geben. Auf einem Bildschirm standen die Namen der Teilnehmer: Beate König - Bürgermeisterin der Stadt Hildesheim, Dr. Lara Weiss – RPM Direktorin, Johanna Marie Jacob – Autorin, Michael Kraft – Interaction Designer, Jana Salland – Innenarchitektin, sowie die Musiker Heike Schuch, Lars Peter und Robbie Smith.
Frau Dr. Weiss sowie Herrn Dirk Wilhelm Hahnrath hatte ich am Eingangsbereich kennengelernt. Herr Hahnrath ist sozusagen der Ideengeber und Initiator des Ganzen.

Was verrät uns Frau Dr. Schwertfeger?

Kurz nach 14 Uhr trat dann Frau Dr. Weiss an das Rednerpult. In ihrer Rede betonte sie ausdrücklich, dass die INDRISTA ERLEBNISWELT, wie der Name schon sagt, eine Erlebniswelt und keine klassische Ausstellung ist. Eine klassische Ausstellung schult vor allem das Sehen, die Erlebniswelt spricht alle Sinne körperlich an. Die Erlebniswelt ist groß, gewaltig, fiktiv und ganz bewußt Mainstream. Wir treffen hier auf Hildja, eine fiktive Figur, die von der tatsächlich historischen Figur Abt Benedikt von Aniane als Erzähler unterstützt wird. Diesen beiden Figuren steht Dr. Linda Schwertfeger als Historikerin gegenüber, die in der heutigen Zeit den Grabfund untersucht und in einem Museum ausstellen möchte. Hier wird ein Bogen zwischen dem Mittelalter und dem "Hier und Jetzt" geschlagen. Die Erlebniswelt soll in erster Linie diejenigen begeistern, die bislang immer dachten, ein Museum sei doof, trocken und langweilig! Das Museum befindet sich in einem Umwandlungsprozess nach innen und außen. Man will sich öffnen und ist auf dem Weg ein familienfreundlicher Freizeitort zu werden an dem Menschen in unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft und Altersklassen sich wohlfühlen und möglichst miteinander und über die gebotenen Inhalte ins Gespräch kommen.

Dirk Wilhelm Hahnrath im Gespräch mit Autorin Johanna Marie Jacob

Im Anschluß an die Rede der Bürgermeisterin wurden die weiteren Reden und Musikbeiträge durch Herrn Hahnrath moderiert. Er stellte die Teilnehmer inklusive der Musiker vor, die im weiteren Verlauf Lieder aus dem Musical vortrugen, die auch in der Erlebniswelt zu hören sind. Es waren schöne Lieder mit aussagekräftigen Texten. Die Gespräche mit Herrn Kraft, Frau Salland und Frau Jacob fanden in Form einer Podiumsdiskussion statt. Diese Art von Eröffnungsveranstaltung hat uns sehr gut gefallen.

Da immer nur jeweils maximal 30 Personen gleichzeitig in die Erlebniswelt gehen konnten, wurden die verbliebenen Gäste mit Musik sowie mit Vorlesungen aus dem Roman unterhalten. Hierzu nahm die Autorin Johanna Marie Jacob an dem Schreibtisch mit dieser grünen Bürolampe Platz und begann zu Lesen. Es klang tatsächlich sehr gut und ich beschloß, mir den Roman vor dem Nachhausefahren zuzulegen. Er ist im Museumshop erhältlich.

Welche Geheimnisse sind im Brunnen verborgen?

Kathrin und ich waren in der zweiten Gruppe, die in die Erlebniswelt eintauchen durften. Da es ihr jedoch mit den vielen Leuten zu voll war, blieb sie außen vor. So ging ich zunächst alleine hinein und die Tür verschloss sich hinter mir für etwa 30 Minuten. Was habe ich dort gesehen? Große Leinwände, flackerndes Licht, Musik, Personen, die auf den Leinwänden etwas erzählten. Ich glaube, ich war in diesem Moment mehr mit mir selbst beschäftigt. Ich hatte einige Fotos gemacht und war mehr auf die anderen Leute, als auf das eigentliche Geschehen konzentriert. Nach einer halben Stunde öffneten sich die Türen wieder und ich ging zu Kathrin, die es sich mit Bekannten auf einer Bank bequem gemacht hatte. Wollt ihr noch rein? Na klar! Die dritte und letzte Gruppe war deutlich kleiner als die ersten beiden. Und natürlich ging ich noch einmal mit hinein.
In meiner zweiten Tour bekam ich ein Skriptorium. Also einen Fragebogen, auf dem man die richtigen Antworten auf die Fragen ankreuzen konnte, die in der Erlebniswelt gestellt wurden. Aber ich greife vor. Was genau in der Erlebniswelt geschieht, möchte ich hier nicht verraten, weil ich ja keinem die Spannung nehmen möchte. Ich denke aber, ich kann sagen, dass es drei große Leinwände gibt auf denen die Protagonisten Hildja, Abt Benedikt von Aniane sowie die Historikerin Dr. Linda Schwertfeger auftauchen. Alle drei Protagonisten erzählen ihre Geschichten und treten beinahe in einen Dialog zusammen. Ich muss sagen, dass das wirklich sehr interessant und lehrreich war. Im weiteren Verlauf der Handlung stellt der Abt einige Fragen, die die Besucher beantworten sollen. Die Antworten sind immer irgendwo im Raum zu finden. Man bleibt also in Bewegung und muss nach Hinweisen suchen.
Dabei kam ich mit der Innenarchitektin Jana Salland ins Gespräch. Die ganze Innenausstattung und Dekoration wurde innerhalb von drei Wochen hingezaubert. Da war so mancher Handschlag fällig. Vor allen Dingen war das Holz, dass hier verbaut wurde, gar nicht vorrätig. Hierfür musste erst noch Kontakt zu einem Sägewerk aufgebaut werden. Daumen hoch für diese Arbeitsleistung.

Nach dem Durchgang der dritten Gruppe war die Eröffnungsveranstaltung offiziell beendet. Wir nutzen noch etwas Zeit für ein Gespräch mit einigen der Organisatoren. Es war ein sehr gelungener und unterhaltsamer Nachmittag.

Fazit

Martin Heckmann in der Rolle des Abt Benedikt von Aniane, dem Erzähler.

Wer eine frühmittelalterlichen Ausstellung erwartet, wird vermutlich enttäuscht sein. Die Erlebniswelt ist keine klassische Ausstellung sondern eine interaktive Installation bei der Besucher auch tatsächlich etwas lernen können. Das Museum wird seinem Bildungsauftrag hier gerecht.
Die Zielgruppe der Erlebniswelt sind Leute, die etwas im Museum erleben wollen und nicht von Vitrine zu Vitrine stolpern möchten. Auch für Familien ist das eine gute Sache, wobei eine Altersfreigabe für Kinder ab 6 Jahren empfohlen wird.

Mehr Informationen und Hinweise sind auf der Webseite zu lesen: Neue INDRISTA ERLEBNISWELT im RPM

Und was ist jetzt mit diesem Kleid?

Viktoria Steiber in der Rolle der Hildja.

Ja, das Kleid ist tatsächlich ein Fauxpas. Hildja sollte eigentlich ein fränkisches Kleid tragen. Am besten noch aus der Gegend von Aquitanien. Aber solche Produktionen laufen nie ohne Probleme. Der Zeitdruck war groß und vieles musste plötzlich schneller gehen. Am Ende musste also dieses Kleid herhalten, bei dem selbst die Darstellerin der Hildja bei den Aufnahmen skeptisch war. Das dieses Kostüm einen derartigen Hype auslösen würde, hat sich keiner von den Machern gedacht. Die kennen eben unsere Mittelalterszene nicht!
Aber jetzt mal ernsthaft! Die Erlebniswelt ist wirklich gut gemacht. Wenn es dem Projekt gelingt, wieder mehr Menschen in ein Museum zu locken, dann ist das auch eine super Sache. Und außerdem hat das Roemer- und Pelizaeus Museum noch viele weitere sehenswerte Dinge zu bieten.

Also! Wir sehen uns im Museum!

Links zu Medienberichten

Bericht und Video von SAT1 Regional

Presseberichte

Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 23. September 2024

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